Auf Einladung von Dr. Maximilian Martin besuchte ich in den vergangenen drei Tagen die Konferenz Impact Economy Symposium 2013 “Learning from First Principles, Building the Transition Team.” Zusammen mit 40 Persönlichkeiten – Social Business Investoren & Venture Capital Firmen, Philanthrophen, Stiftern, Journalisten und MacherInnen von Social Business das schweizerische “Greifenstein Castle” – eine Burg am Bodensee in der Nähe von St. Gallen und Bregenz.
Um es schon an dieser Stelle zu sagen: die Veranstaltung hat meine Erwartung in vielen Richtungen weit übertroffen. Ich konnte beeindruckt feststellen, dass Max es geschafft hat, eine spannende und äußerst relevante Mischung an Persönlichkeiten einzuladen wie es sonst vielleicht nur die Clinton Initiative, Davos oder die Weltbank hin bekommen. Persönlichkeiten wie Matthew Bishop, Christian Krüger (Einlader), Tim Beardson, Kieron Boyle (Head of Social Finance at the Cabinet Office UK), Philippe Lemoine, Hedda Pahlson-Moller oder Ralph Tayler bildeten eine tolle aber auch familiäre Gruppe die sich mit der Zukunft des zivilgesellschaftlichen Engagements und dessen Finanzierung auf einem globalen Level beschäftigen konnte.
Neben spannenden Vorträgen war Netzwerken das wichtigste Thema. Ich hoffen in den nächsten Tagen etwas Zeit zu finden, die wichtigsten Erkenntnisse hier zu veröffentlichen. Auf jeden Fall an dieser Stelle schon Mal sehr vielen Dank für die Einladung Max!
Mit ihm habe ich für das ‘Open Everything’ – Magazin zum 10 Geburtstag von newthinking ein Interview gemacht:
Große Konvergenz oder heiße Luft?
Im Interview mit Dr. Maximilian Martin, Gründer und Geschäftsführer der Impact Economy SA in Lausanne, wird dem Thema nachhaltige Wertschöpfung auf den Grund gegangen. von wo kommt die Bewegung des sogenannten »Impact Investings« eigentlich? Und was genau heißt dieser neudeutsche Begriff? Wie hängt ökologisches/soziales Unternehmertum – oder Social Entrepreneurship – damit zusammen? Und was kann dieses neue Gedankengut dazu beitragen, uns zukunftsfähig zu machen?
Sie sind einer der Pioniere in Europa im Bereich Impact Investing und Social Entrepreneurship. Das sind relativ neue Ansätze. Warum brauchen wir Derartiges?
Europa hat Probleme und braucht Innovationen! Denken Sie an die Arbeitslosigkeit. Oder Herausforderungen wie die Überalterung und Fettleibigkeit mit jeweils verbundenen Gesundheits- und Betreuungsproblemen. Beträchtliche Bevölkerungsgruppen in Industrieländern leiden unter Strukturwandel und brauchen Jobs, da braucht es neue Lösungen. Gleichzeitig sehen wir aber die sinkende Finanzierbarkeit öffentlicher Güter in OECD-Staaten. Zusammen ergibt das einen enormen Innovationsbedarf, der auch finanziert werden muss. Mit Steuermitteln und privater Philanthropie alleine bekommen wir das nicht hin. Wir brauchen Investitionen, die sowohl gesellschaftliche wie ökologische Ziele erreichen, also auch finanziell Sinn machen. Da liefert Impact Investment eine Antwort. Es wird geschätzt, dass durch die Überalterung nachgefragte öffentliche Dienstleistungen bis 2025 massiv zunehmen werden. Die Lücken in der Finanzierung sind beachtlich: In Frankreich sagt Accenture fast 80 Milliarden Euro voraus, in Deutschland über 60 Milliarden, in Italien über 20 Milliarden und in Großbritannien sogar 130 Milliarden Euro! Also: Im Moment ist Impact Investment sicher noch ein innovatives Nischenthema. Aber das Thema bewegt sich in den finanziellen Mainstream. Denn so, wie wir bisher gearbeitet haben, geht es auf die Dauer nicht weiter.
Seit wann gibt es »Impact Investing«?
Eigentlich gibt es diese Idee des ökologischen und/ oder sozialen Investierens zwar schon länger, doch richtig in Gang kam die Bewegung erst in den Jahren 2007 und 2008 auf zwei Konferenzen der RockefellerStiftung. Es war kurz nach der Finanzkrise. Wir haben geahnt, dass die öffentlichen Investitionen nun aufgrund der hohen Verschuldung zurückgehen würden. Wir haben außerdem gesehen, dass die Philanthropie zu wenig Geld bewegt und oft zu wenig auf Resultate schaut. Es brauchte Lösungen, um diese Lücke zu füllen. Also haben wir damals die Idee des Impact Investing definiert und überlegt, wie wir dieses Thema voranbringen können.
Was versteht man nun genau unter »Impact Investing«, »Impact Finance«, »Social Finance« und »Social Entrepreneurship«?
Der Begriff »Impact Investing« ist aus den ebengenannten Konferenzen hervorgegangen. Die genaue Definition lautet: »Impact Investing löst soziale oder ökologische Herausforderungen/Probleme unter gleichzeitiger Erzielung finanzieller Renditen […] Impact-Investoren wollen aktiv Kapital in Fonds und Unternehmen platzieren, welche die positive Kraft des Unternehmertums nutzen.« Das Konzept wurde seitdem brillant vermarktet. »Impact Finance« und »Social Finance« sind bisher weniger gebräuchliche Begriffe für dieselbe Idee. Ich würde an dieser Stelle auch »Social Entrepreneurship« ins Spiel bringen. In der Realwirtschaft geht es Social Entrepreneurs darum, die posit ive Kraft des Unternehmertums zu nutzen, um positive soziale und/ oder ökologische Wirkung zu erzielen. Wo so viel in Bewegung ist, ist gute Navigation gefragt.
Wie passt da »Impact Economy« hinein und was sind die wichtigsten Trends?
Holistisch, mit einem Blick für die sich verschiebenden tektonischen Platten. Die Impact Economy AG ist eine Beratungsfirma für nachhaltige Strategien und Finanzdienstleistungen mit positivem Impact – der Name ist also Programm. Matthew Bishop von der Zeitschrift The Economist stellte unser Herangehen letztes Jahr wie folgt dar: »Ich mag den Namen ›Impact Economy‹, weil ihr das große Ganze berücksichtigt, statt euch nur auf eine Kategorie oder eine Anlageklasse zu fokussieren. Impact Economy befasst sich mit der Gesamtstruktur unserer Wirtschaft.«
Warum Impact Economy?
Investitionen, die sowohl finanzielle als auch Wirkungsziele verfolgen, bilden nur einen Ausschnitt von dem ab, was gerade passiert. Um gute Investitionsentscheidungen zu treffen, müssen wir neben Transaktionen selbst aber auch Trends und den Gesamtzusammenhang genau anschauen. Wir leben in einer Zeit großen strukturellen Wandels. Ein wichtiger Treiber ist Transparenz. In Genf, wo ich wohne, haben zum Beispiel dieses Jahr die beiden größten Privatbanken am Finanzplatz, Pictet und Lombard Odier, gemeinsam erklärt, dass sie den Status einer unbeschränkt haftenden Partnerschaft aufgeben werden und sich als Kommanditgesellschaften strukturieren wollen. Da wird die Transparenz stark steigen. Gleichzeitig prangern Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace Bekleidungsfirmen an und sorgen so für neue Transparenz bezüglich eingesetzter Chemikalien und anderer Missstände. Immer mehr Konsumenten sind bereit, für ethisch und ökologisch hergestellte Produkte und Dienstleistungen eine Prämie zu zahlen; das ist heute allein in den USA eine 300-Milliarden-Dollar-Industrie. Investorenpräferenzen verändern sich ebenfalls – denken Sie an die zunehmenden Anfragen institutioneller Investoren an große Firmen hinsichtlich nachhaltigen Wirtschaftens. Nachhaltigkeit und Impact werden also zum Investitionskriterium und Wettbewerbsfaktor. Anfang des Jahres war ich z. B. am World CSR Day in Indien. Dort hat die indische Regierung neu beschlossen, dass alle größeren Unternehmen in Zukunft 2 Prozent ihrer Gewinne für CSR aufwenden müssen –geschätzte 5 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Ferner erleben wir eine Neudefinition von legitimem Gewinn und Sinnhaftigkeit. In den letzten Monaten sind wieder weitere Milliardäre dem Giving Pledge Kampagne beigetreten. Diese beinhaltet ein Versprechen, zu Lebzeiten mindestens 50 Prozent seines Vermögens zu spenden. Wir haben 2011 mit dem Impact Pledge eine komplementäre Initiative geschaffen, die sich mit dem Auf bau von Strukturen beschäftigt, die effizientes und effektives Geben ermöglichen, damit möglichst viel von den Ressourcen ankommt. Wir nennen das »Impact-Infrastruktur«. Der gemeinsame Nenner aller dieser Entwicklungen ist »Impact«: etwas Positives und Relevantes mit den eingesetzten Ressourcen zu erreichen. Wir bei Impact Economy setzen uns deshalb ein für die Art von Wirtschafts- und Institutionenlandschaft, die entstehen muss, damit wir aus diesen Trends Chancen schöpfen können, anstelle mit purem Compliance-Denken und QuasiNullwachstum auf der Stelle zu treten.
Sie haben soeben »Corporate Social Responsibility« (CSR) erwähnt. Ist das nicht nur Marketing?
Wir haben zu diesem Thema gerade eine Studie online veröffentlicht (»CSR’s New Deal: A Blueprint for Your First Hundred Days in the Sustainable Capitalism«). Darin geht es um die Zukunft von CSR. Die traditionelle CSR, getrieben vor allem durch die Einhaltung von Gesetzen und Regeln, kostet Geld und verbessert im Idealfall den Ruf der Unternehmung etwas. Das wird vorbei sein. Wichtig ist, Verantwortung und Chancen vernetzt zu denken. Es gibt vielversprechende Ansätze. Diese neue CSR – wir nennenes den »CSR’s New Deal« – ist viel ambitionierter als der bisherige Ansatz. Die CSR der Zukunft ist inmitten des Kerngeschäfts und bei den Innovationstreibern von Unternehmungen angesiedelt – und nicht mehr nur eine Nebenaktivität. So können Unternehmungen neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln, zusätzliche Kundengruppen bedienen und neue Märkte erschließen. Damit wird der ökonomische Fortbestand der Unternehmung gesichert und positive soziale/ökonomische Wirkung erzielt. Das kann einen wichtigen Beitrag zu unserer Zukunftsfähigkeit leisten und ist mehr als heiße Luft.
An was arbeiten Sie im Moment?
Neben all den »ernsthaften« Aktivitäten wollen wir die Welt auch spielend verändern: Kern des Projekts ist es, einen replizierbaren Mechanismus zu entwickeln, um spendenabhängigen Top-Organisationen die Skalierung und Erweiterung ihrer Aktivitäten zu ermöglichen. Durch Ausgaben (echtes Geld) im Onlinespiel erhält die Organisation wichtige finanzielle Ressourcen: Die Spieler können einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten und lernen nebenbei spielerisch Probleme und deren Lösungen kennen. Gemeinsam mit der Organisation Riders for Health erarbeiten wir derzeit ein Spiel rund um Gesundheitsservices mit Motorrädern in Afrika. Ein Teil des online ausgegebenen Geldes – jede Woche werden immerhin 3 Milliarden Stunden mit Onlinespielen verbracht – soll so eine positive soziale/ökologische Wirkung entfalten.
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Dieser Artikel ist im newthinking Magazin ‘Open Everything’ im Mai 2013 erschienen: Viele gründen Start-ups in Berlin, viele Zaungäste stürzen sich darauf – aus unterschiedlichen Motiven